Schleyer-Entführung: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Attentat | stadt = Köln | jahr = 1977 | opfer = Hanns Martin Schleyer, Heinz Marcisz, Reinhold Brändle, Helmut Ulmer und Roland Pieler | bild  = vincenz-statz-str.jpg | lat = 50.934675 | lon = 6.889568 }}{{RAF}}
 
{{Attentat | stadt = Köln | jahr = 1977 | opfer = Hanns Martin Schleyer, Heinz Marcisz, Reinhold Brändle, Helmut Ulmer und Roland Pieler | bild  = vincenz-statz-str.jpg | lat = 50.934675 | lon = 6.889568 }}{{RAF}}
Am Montag, 05.09.{{Jahr|1977}} wurde Hanns Martin Schleyer gegen 17.10 Uhr von seinem Fahrer Heinz Marcisz (41) in einem dunklen Mercedes 450 SEL von der Arbeitgeberzentrale am Oberländer Ufer zu seiner in einem Mehrfamilienhaus in der Raschdorffstraße 10 in Köln-Braunsfeld gelegenen Dienstwohnung chauffiert. Die Polizisten Reinhold Brändle (Fahrer, 41), Helmut Ulmer (Beifahrer, 24) und Roland Pieler (im Fond, 20) folgten in einem hellen Mercedes 280 E. Die drei Personenschützer waren bewaffnet, Marcisz und Schleyer nicht.
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=05.09.1977=
 
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* Abholung von Hanns Martin Schleyer von seinem Fahrer Heinz Marcisz (41) in einem dunklen Mercedes 450 SEL um ca. 17.10 Uhr von der Arbeitgeberzentrale am Oberländer Ufer
Das Kommando Siegfried Hausner der [[RAF]] hatte eine Telefonkette eingerichtet, die die Annäherung der Fahrzeuge an die vier im Hinterhalt wartenden Schützen meldete. Peter-Jürgen Boock und Sieglinde Hofmann sollten die Polizisten ausschalten, Willy-Peter Stoll war auf Schleyers Fahrer angesetzt und Stefan Wisniewski sollte Hanns Martin Schleyer überwältigen.
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* Fahrtziel: Schleyers Dienstwohnung in der Raschdorffstraße 10 in Köln-Braunsfeld
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* In einem hellen Mercedes 280 E folgen die bewaffneten Polizisten Reinhold Brändle (Fahrer, 41), Helmut Ulmer (Beifahrer, 24) und Roland Pieler (im Fond, 20).
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* Telefonkette des Kommandos Siegfried Hausner der [[RAF]], um das Erscheinen Schleyers an die vier im Hinterhalt wartenden Terroristen zu melden
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* Auf die Polizisten waren Peter-Jürgen Boock und Sieglinde Hofmann angesetzt, Willy-Peter Stoll sollte Schleyers Fahrer ausschalten und Stefan Wisniewski Hanns Martin Schleyer überwältigen.
  
 
=Vorgeschichte=
 
=Vorgeschichte=
Monatelang hatten die Vorbereitungen der [[RAF]] für das von ihnen so genannte Kommandounternehmen "Spindy" gedauert. Spindy war [[RAF]]-Ironie, denn der Hanns Martin Schleyer war das Gegenteil einer dürren Spindel. Die Terroristen hatten fünf Autos gekauft oder gestohlen und vier Wohnungen gemietet.
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* Kauf und Diebstahl von fünf Autos durch die [[RAF]]
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* Anmieten von vier Wohnungen durch die [[RAF]]
  
 
==02.09.1977==
 
==02.09.1977==
 
{{Lage | stadt = Köln | lat = 50.904067 | lon = 6.949246 }}
 
{{Lage | stadt = Köln | lat = 50.904067 | lon = 6.949246 }}
Am Freitag, dem 02.09.1977, beobachtete Uwe Gartiser von seiner Wohnung am Raderthalgürtel in [[Köln]] aus einen Alfa Romeo, der ganz in der Nähe neben einer Telefonzelle parkt. Dieses Auto war ihm bereits schon einen Tag vorher aufgefallen, als er an exakt der selben Stelle stand. Er konnte drei junge Frauen beobachten, die sich am oder im Auto befanden und den Verkehr beobachten. Von der Arbeitsstätte Hanns Martin Schleyers am Oberländer Ufer führt der Weg nach Hause über den Raderthalgürtel. Gartiser sah, daß eine der Frauen mit einem Schraubenzieher am Auto hantierte. Zwei der drei Frauen werden in naher Zukunft auf der Fahndungsliste stehen: Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz.
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* Uwe Gartiser beobachtete am 02.09.{{Jahr|1977}}, einem Freitag, von seiner Wohnung am Raderthalgürtel aus einen ganz in der Nähe neben einer Telefonzelle parkenden Alfa Romeo.
 
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* Der gleiche Wagen fiel ihm bereits einen Tag vorher auf, weil er an der gleichen Stelle stand.
Gartiser wählte den Polizeinotruf um 17.32 Uhr und fragte, wer für Terrorismusbekämpfung zuständig sei. Die Leitstelle der Kölner Polizei schickt den Streifenwagen "Arnold 12/20 zum Einsatzort: "Verdächtige Personen am Kfz, Raderthalgürtel, gegenüber Schwimmbad" Der Polizeibeamte in der Notrufzentrale notierte auf dem Vordruck der Leitstelle: "Verd. Kfz K-XY 847 ... Raderthalgürtel 5 ... Insassen 3 weibl. Personen"
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* Gartiser sah drei junge Frauen, die sich in der Nähe des Autos befanden oder im Auto saßen und den Verkehr beobachteten. Eine Frau hantierte mit einem Schraubenzieher am Auto.
 
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* Zwei der Frauen standen später auf den Fahndungslisten. Es handelte sich um Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz.
Am Einsatzort angekommen, verlangte einer der Polizisten Führerschein, Fahrzeugschein und die Personalausweise. Eine Fahndungsabfrage des Kennzeichens verlief negativ, was nicht verwundert, denn es handelte sich um ein "Dublettenfahrzeug", bei dem das Nummernschild eines real existierenden Fahrzeugs kopiert und an einem baugleichen Fahrzeug mit gleichem Aussehen angebracht wird. Hätte der Polizist nun die Fahrgestellnummer des Fahrzeugs mit der im Fahrzeugschein verglichen, wäre das "Dublettenfahrzeug" enttarnt gewesen. Bei der anschließenden Abfrage der Personalien der drei Frauen im Fahndungscomputer kommt es zu einem Systemabsturz - oder fehler, so daß kein Ergebnis ermittelt werden kann.
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* Die Route von der Arbeitgeberzentrale am Oberländer Ufer zur Dienstwohnung in Braunsfeld führt über den Raderthalgürtel.
 
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* Gartiser rief um 17.32 Uhr den Polizeinotruf an und fragte, wer für Terrorismusbekämpfung zuständig sei.
Am Alfa Romeo leckte der Heizungsschlauch. Vermutlich handelte es sich dabei um einen vorgetäuschten Defekt, um den längeren Aufenthalt vor Ort erklären zu können. Als sich die Polizisten den Defekt ansahen, kam ein Mercedes angefahren, deren Insassen sich anscheinend ebenfalls für den defekten Alfa Romeo zu interessieren schienen. Einer der Männer stieg aus und gesellte sich zu den Polizisten und den drei Frauen. Dabei erfuhr er, daß die Polizisten die Frauen zu einer nahen Werkstatt lotsen wollten. Der Mercedes folgte in einigem Abstand bis auf das Gelände der Werkstatt, wo der Heizungsschlauch von einem Mechaniker im Beisein der Polizisten repariert wurde. Im Mercedes saßen übrigens Stefan Wisniewski, Peter-Jürgen Boock, Rolf Heißler und Rolf Clemens Wagner, allesamt Top-Leute der [[RAF]]. Peter-Jürgen Boock sagte später dazu: "Unsere Maschinenpistolen waren schußbereit, mein Puls raste."
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* Die Kölner Polizeileitstelle schickte den Streifenwagen "Arnold 12/20" zum Einsatzort und gab über Funk folgendes an die eingesetzten Kollegen weiter: "Verdächtige Personen am Kfz, Raderthalgürtel, gegenüber Schwimmbad"
 
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* Der Polizeibeamte in der Leitstelle notierte auf einem Vordruck "Verd. Kfz K-XY 847 ... Raderthalgürtel 5 ... Insassen 3 weibl. Personen"
Die Mitglieder der [[RAF]] trafen sich ein paar Stunden später in einer konspirativen Wohnung am [[Wiener Weg 1b, 50858 Köln]].
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* Als die Polizisten am Einsatzort ankamen, verlangten sie Führerschein, Fahrzeugschein und die Personalausweise.
 
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* Die anschließende Fahndungsabfrage des Kennzeichens verlief negativ. Da es sich um ein sog. "Dublettenfahrzeug" handelte, war dieses Ergebnis logisch, denn das Nummernschild eines tatsächlich vorhandenen Fahrzeugs wurde kopiert und an einem baugleichen Fahrzeug mit gleichem Aussehen angebracht.
Wochen später wurde der Wagen in Frankfurt gefunden, in der Nähe einer konspirativen RAF-Wohnung. Das BKA untersuchte das Auto und fand die Fingerabdrücke der Terroristinnen Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz.
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* Bei einer Überprüfung der Fahrgestellnummer des Alfa Romeo mit der im Fahrzeugschein eingetragenen Fahrgestellnummer hätten die Polizisten das "Dublettenfahrzeug" enttarnt.
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* Im Anschluß folgte doe Fahndungsabfrage der Personalien der drei Frauen. Und genau dabei kam es zu einem Systemfehler oder -absturz, so daß es kein Ergebnis gab.
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* Der Heizungsschlauch am Alfa Romeo leckte, was vermutlich ein vorgetäuschter Defekt war, um den längeren Zeitraum zu erklären, den das Fahrzeug am Einsatzort stand.
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* Die Polizisten schauten sich den Defekt an, als ein Mercedes zum Einsatzort kam.
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* Dessen Insassen interessierten sich augenscheinlich ebenfalls für den Alfa Romeo.
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* Einer der Insassen des Mercedes stieg aus und kam zu den Polizisten und den Frauen.
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* Im folgenden Gespräch erfuhr er, daß die Polizisten die Frauen zu einer nahen Werkstatt lotsen wollten.
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* Der Mercedes fuhr in einigem Abstand hinter den beiden Fahrzeugen bis auf das Gelände der Werkstatt.
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* Dort wurde der Heizungsschlauch von einem Mechaniker repariert. Die Polizisten waren während der Reparatur dabei.
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* Im Mercedes saßen zu dieser Zeit übrigens die [[RAF]]-Terroristen Stefan Wisniewski, Peter-Jürgen Boock ("Unsere Maschinenpistolen waren schußbereit, mein Puls raste."), Rolf Heißler und Rolf Clemens Wagner.
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* Wenige Stunden später trafen sich die Mitglieder der [[RAF]] in einer konspirativen Wohnung am [[Wiener Weg 1b, 50858 Köln]].
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* Der Alfa Romeo wurde Wochen später wurde in [[Frankfurt am Main]] in der Nähe einer konspirativen [[RAF]]-Wohnung gefunden.
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* Bei einer Untersuchung durch das BKA wurden die Fingerabdrücke von Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz gefunden.
  
 
=Verlauf der Tat=
 
=Verlauf der Tat=
Zunächst bog der Wagen von Hanns Martin Schleyer um ca. 17.28 Uhr von der Friedrich-Schmidt-Straße nach rechts auf die Vincenz-Statz-Straße ab. Die Terroristin Sieglinde Hofmann ging mit einem blauen Kinderwagen auf dem linken Gehweg in Blickrichtung Norden und gab das Signal, als der Pkw von Schleyer um die Ecke bog. Daraufhin fuhr Stefan Wisniewski einen gelben Mercedes 300 D rückwärts aus einer Einfahrt am rechten Fahrbahnrand auf die Fahrbahn der Vincenz-Statz-Straße, so daß der Pkw von Schleyer bremsen mußte. Der ihm folgende Wagen mit den Personenschützern fuhr aufgrund des abrupten Bremsmanövers auf. Nun eröffneten die drei Terroristen Sieglinde Hofmann, Peter-Jürgen Boock und Willy-Peter Stoll von der linken Fahrbahnseite aus das Feuer auf die beiden Fahrzeuge und gaben dabei in ca. 90 Sekunden mindestens 119 Schüsse ab. Die Waffen waren in dem blauen Kinderwagen deponiert. Der Chauffeur Heinz Marcicz und die drei Polizeibeamten Reinhold Braendle, Roland Pieler und Helmut Olmer wurden bei dem Feuergefecht erschossen. Marcicz erlag nach kurzer Zeit seinen schweren Verletzungen.
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* Der Pkw mit Hans Martin Schleyer bog um ca. 17.28 Uhr von der Friedrich-Schmidt-Straße nach rechts auf die Vincenz-Statz-Straße ab.
 
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* Sieglinde Hofmann ging mit einem blauen Kinderwagen nach Norden auf dem linken Gehweg der Vincenz-Statz-Straße.
Nach den auf Marcisz abgegebenen Schüssen rannte Willy-Peter Stoll plötzlich und entgegen jeder Absprache in höchster Erregung quer durch die Schußrichtung von Boock und Hofmann, sprang auf die Motorhaube des Begleitfahrzeugs und verfeuerte die ganze übrige Munition seiner polnischen Maschinenpistole PM-63 (Kaliber 9 mm Makarow) durch die Frontscheibe ins Wageninnere. Der Fahrer Reinhold Brändle wurde sechzigmal in allen Körperbereichen getroffen und starb kurz darauf. Roland Pieler gelang es noch, den Fond des Fahrzeugs zu verlassen und mit seiner Dienstpistole dreimal zurückzuschießen, er traf jedoch nicht. Helmut Ulmer schoß aus der geöffneten Beifahrertür achtmal mit seiner Maschinenpistole, traf aber ebenfalls nicht. Pieler und Ulmer wurden je mindestens dreimal tödlich getroffen.
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* Sie gab das Signal, als der Wagen von Schleyer um die Ecke bog.
 
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* Nach dem Zeichen durch Sieglinde Hofmann setzte Stefan Wisniewski einen gelben Mercedes 300 D rückwärts aus einer Einfahrt am gegenüberliegenden Fahrbahnrand auf die Fahrbahn der Vincenz-Statz-Straße.
Peter-Jürgen Boock fuhr anschließend einen auf der Friedrich-Schmitt-Straße in Fahrtrichtung stadtauswärts hinter der Vincenz-Statz-Straße abgestellten weißen VW-Bus zum Tatort, die Terroristen brachten Schleyer in den Bus und fuhren über die Friedrich-Schmitt-Straße stadtauswärts in unbekannte Richtung davon.
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*  Schleyers Pkw mußte abbremsen und der folgende Wagen mit den Personenschützern fuhr auf.
 
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* Die drei Terroristen Sieglinde Hofmann, Peter-Jürgen Boock und Willy-Peter Stoll (mit einer polnischen Maschinenpistole PM-63, Kaliber 9 mm Makarow) eröffneten von der linken Fahrbahnseite aus das Feuer auf die beiden Fahrzeuge.
Im Nachhinein stellt sich heraus, daß sie zum [[Wiener Weg 1b, 50858 Köln]] fuhren, Schleyer dort in ein in der Tiefgarage abgestelltes Fahrzeug umladen, den Fluchtwagen dort zurücklassen und dann zum Haus [[Zum Renngraben 8, 50374 Erftstadt]] fahren, wo sie Schleyer zunächst gefangen halten.
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* Dabei gaben sie in ca. 90 Sekunden mindestens 119 Schüsse ab.
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* Ihre Waffen hatten sie zuvor in dem blauen Kinderwagen deponiert.
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* Schleyers Chauffeur und die drei Polizisten wurden erschossen.
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* Ihr Fluchtfahrzeug, einen weißen VW Bus hatten die Täter auf der Friedrich-Schmitt-Straße in Fahrtrichtung stadtauswärts hinter der Vincenz-Statz-Straße abgestellt.
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* Peter-Jürgen Boock fuhr diesen anschließend das kurze Stück zurück zum Tatort, wo die Terroristen Schleyer in den Bus legten.
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* Die Täter flüchteten über die Friedrich-Schmitt-Straße stadtauswärts.
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* Später stellte sich heraus , daß sie zum [[Wiener Weg 1b, 50858 Köln]] fuhren.
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* Dort wurde Schleyer in ein in der Tiefgarage abgestelltes Fahrzeug umgeladen.
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* Den VW Bus ließen die Täter in der Tiefgarage stehen.
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* Sie fuhren mit einem weiteren Fluchtfahrzeug zum Haus [[Zum Renngraben 8, 50374 Erftstadt]].
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* Dort hielten sie Schleyer zunächst gefangen.
  
Im weiteren Verlauf der Entführung führte die Route der Verstecke noch zu folgenden Anschriften:
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Im weiteren Verlauf der Entführung wurde Schleyer noch an folgenden Orten gefangengehalten:
 
* [[Stevinstraat 266, 2587 EW Den Haag]] (angemietet durch Angelika Speitel)
 
* [[Stevinstraat 266, 2587 EW Den Haag]] (angemietet durch Angelika Speitel)
 
* [[Duivenschieting 5, 1150 Sint-Pieters-Woluwe]]
 
* [[Duivenschieting 5, 1150 Sint-Pieters-Woluwe]]
  
Seine Leiche wurde letzten Endes in einem Audi 100 in der [[Rue Charles Péguy]] in [[Mülhausen]] gefunden.
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Die Leiche von Hanns Martin Schleyer wurde nach dem Ende der Entführung in einem Audi 100 in der [[Rue Charles Péguy]] in [[Mülhausen]] gefunden.
  
 
=Denis Payot=
 
=Denis Payot=
Der Genfer Anwalt Denis Payot wurde von der [[RAF]] als Vermittler eingeschaltet. Sie glaubten, er wäre "Generalsekretär der Internationalen Föderation für Menschenrechte" bei den Vereinten Nationen, was aber nicht stimmte. Er war lediglich Präsident des privaten Vereins "Schweizerische Liga für Menschenrechte". Payot wurde vom BKA engagiert. Und schon kurze Zeit später gab es eine Telefonüberwachung, bei der alle Ferngespräche aus dem Raum [[Köln]] in die Schweiz erfaßt wurden. Sobald die Telefonnummer Payots gewählt wurde, blinkte eine Lampe und das Gespräch wurde nicht nur mitgehört und aufgezeichnet, sondern es wurde auch verfolgt, von wo der Anruf kam. Und kurze Zeit später fuhren Polizisten zum Ort des Anrufs. Die Polizei war nahe dran und die Entführer der [[RAF]] hatten mehrfach großes Glück. So blieb ein Einsatzkommando der Polizei einmal im Feierabendverkehr stecken, ein zweiter Versuch wurde durch eine Horde betrunkener Fußballfans von Borussia Dortmund behindert. In einem dritten Fall sind die Polizisten sehr schnell am [[Köln]]er Hauptbahnhof, finden aber nur eine leere Telefonzelle vor. Silke Maier-Witt, eine [[RAF]]-Frau aus der zweiten Reihe, erkannte die Falle letzten Endes, als sie eine Männerstimme sagen hört "Da ist eine Frau", noch bevor ihr anruf von der Sekretärin zu Payot durchgestellt wird. Daraufhin sagte sie "Polizei hört mit, ich leg jetzt auf!" und verschwand im nächsten Schnellzug.
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* Die [[RAF]] schaltete den Genfer Anwalt Denis Payot als Vermittler ein.
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* Sie waren der Meinung, daß er "Generalsekretär der Internationalen Föderation für Menschenrechte" bei den Vereinten Nationen sei, was aber nicht stimmte.
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* Payot war lediglich Präsident des privaten Vereins "Schweizerische Liga für Menschenrechte".
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* Zudem wurde Denis Payot vom BKA engagiert.
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* Dadurch gab es relativ schnell eine Telefonüberwachung, bei der alle Ferngespräche aus dem Raum [[Köln]] in die Schweiz erfaßt wurden.
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* Sobald die Telefonnummer Payots gewählt wurde, blinkte eine Lampe. Anschließend wurde das Gespräch mitgehört und aufgezeichnet. Zudem wurde auch verfolgt, von wo der Anruf kam.
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* Unmittelbar im Anschluß fuhren Polizisten zum Ort des Anrufs.
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* Oftmals war die Polizei sehr nahe dran und die Entführer der [[RAF]] hatten großes Glück.
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* Ein Einsatzkommando der Polizei blieb zum Beispiel einmal im Feierabendverkehr stecken. Ein anderes Mal wurde es durch betrunkene Fußballfans von Borussia Dortmund behindert. In einem dritten Fall war die Polizei sehr schnell am [[Köln]]er Hauptbahnhof, fand dann aber nur eine leere Telefonzelle vor.
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* Die [[RAF]]-Terroristin Silke Maier-Witt erkannte die Falle, als sie eine Männerstimme sagen hörte "Da ist eine Frau", noch bevor ihr Telefonat zu Payot durchgestellt wurde. Sie sagte "Polizei hört mit, ich leg jetzt auf!" und flüchtete mit dem nächsten Schnellzug.
  
 
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Version vom 4. Januar 2017, 02:34 Uhr

Ort
1977 in Köln
Opfer
Hanns Martin Schleyer, Heinz Marcisz, Reinhold Brändle, Helmut Ulmer und Roland Pieler
Bild
Vincenz-statz-str.jpg
Lage
Breitengrad: 50.934675 Längengrad: 6.889568
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Raf2.png

05.09.1977

  • Abholung von Hanns Martin Schleyer von seinem Fahrer Heinz Marcisz (41) in einem dunklen Mercedes 450 SEL um ca. 17.10 Uhr von der Arbeitgeberzentrale am Oberländer Ufer
  • Fahrtziel: Schleyers Dienstwohnung in der Raschdorffstraße 10 in Köln-Braunsfeld
  • In einem hellen Mercedes 280 E folgen die bewaffneten Polizisten Reinhold Brändle (Fahrer, 41), Helmut Ulmer (Beifahrer, 24) und Roland Pieler (im Fond, 20).
  • Telefonkette des Kommandos Siegfried Hausner der RAF, um das Erscheinen Schleyers an die vier im Hinterhalt wartenden Terroristen zu melden
  • Auf die Polizisten waren Peter-Jürgen Boock und Sieglinde Hofmann angesetzt, Willy-Peter Stoll sollte Schleyers Fahrer ausschalten und Stefan Wisniewski Hanns Martin Schleyer überwältigen.

Vorgeschichte

  • Kauf und Diebstahl von fünf Autos durch die RAF
  • Anmieten von vier Wohnungen durch die RAF

02.09.1977

Lage in Köln
Stadtteil: {{{stadtteil}}} [[Kategorie:Köln-{{{stadtteil}}}]]
Breitengrad: 50.904067 Längengrad: 6.949246
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  • Uwe Gartiser beobachtete am 02.09.1977 (vor 47 Jahren), einem Freitag, von seiner Wohnung am Raderthalgürtel aus einen ganz in der Nähe neben einer Telefonzelle parkenden Alfa Romeo.
  • Der gleiche Wagen fiel ihm bereits einen Tag vorher auf, weil er an der gleichen Stelle stand.
  • Gartiser sah drei junge Frauen, die sich in der Nähe des Autos befanden oder im Auto saßen und den Verkehr beobachteten. Eine Frau hantierte mit einem Schraubenzieher am Auto.
  • Zwei der Frauen standen später auf den Fahndungslisten. Es handelte sich um Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz.
  • Die Route von der Arbeitgeberzentrale am Oberländer Ufer zur Dienstwohnung in Braunsfeld führt über den Raderthalgürtel.
  • Gartiser rief um 17.32 Uhr den Polizeinotruf an und fragte, wer für Terrorismusbekämpfung zuständig sei.
  • Die Kölner Polizeileitstelle schickte den Streifenwagen "Arnold 12/20" zum Einsatzort und gab über Funk folgendes an die eingesetzten Kollegen weiter: "Verdächtige Personen am Kfz, Raderthalgürtel, gegenüber Schwimmbad"
  • Der Polizeibeamte in der Leitstelle notierte auf einem Vordruck "Verd. Kfz K-XY 847 ... Raderthalgürtel 5 ... Insassen 3 weibl. Personen"
  • Als die Polizisten am Einsatzort ankamen, verlangten sie Führerschein, Fahrzeugschein und die Personalausweise.
  • Die anschließende Fahndungsabfrage des Kennzeichens verlief negativ. Da es sich um ein sog. "Dublettenfahrzeug" handelte, war dieses Ergebnis logisch, denn das Nummernschild eines tatsächlich vorhandenen Fahrzeugs wurde kopiert und an einem baugleichen Fahrzeug mit gleichem Aussehen angebracht.
  • Bei einer Überprüfung der Fahrgestellnummer des Alfa Romeo mit der im Fahrzeugschein eingetragenen Fahrgestellnummer hätten die Polizisten das "Dublettenfahrzeug" enttarnt.
  • Im Anschluß folgte doe Fahndungsabfrage der Personalien der drei Frauen. Und genau dabei kam es zu einem Systemfehler oder -absturz, so daß es kein Ergebnis gab.
  • Der Heizungsschlauch am Alfa Romeo leckte, was vermutlich ein vorgetäuschter Defekt war, um den längeren Zeitraum zu erklären, den das Fahrzeug am Einsatzort stand.
  • Die Polizisten schauten sich den Defekt an, als ein Mercedes zum Einsatzort kam.
  • Dessen Insassen interessierten sich augenscheinlich ebenfalls für den Alfa Romeo.
  • Einer der Insassen des Mercedes stieg aus und kam zu den Polizisten und den Frauen.
  • Im folgenden Gespräch erfuhr er, daß die Polizisten die Frauen zu einer nahen Werkstatt lotsen wollten.
  • Der Mercedes fuhr in einigem Abstand hinter den beiden Fahrzeugen bis auf das Gelände der Werkstatt.
  • Dort wurde der Heizungsschlauch von einem Mechaniker repariert. Die Polizisten waren während der Reparatur dabei.
  • Im Mercedes saßen zu dieser Zeit übrigens die RAF-Terroristen Stefan Wisniewski, Peter-Jürgen Boock ("Unsere Maschinenpistolen waren schußbereit, mein Puls raste."), Rolf Heißler und Rolf Clemens Wagner.
  • Wenige Stunden später trafen sich die Mitglieder der RAF in einer konspirativen Wohnung am Wiener Weg 1b, 50858 Köln.
  • Der Alfa Romeo wurde Wochen später wurde in Frankfurt am Main in der Nähe einer konspirativen RAF-Wohnung gefunden.
  • Bei einer Untersuchung durch das BKA wurden die Fingerabdrücke von Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz gefunden.

Verlauf der Tat

  • Der Pkw mit Hans Martin Schleyer bog um ca. 17.28 Uhr von der Friedrich-Schmidt-Straße nach rechts auf die Vincenz-Statz-Straße ab.
  • Sieglinde Hofmann ging mit einem blauen Kinderwagen nach Norden auf dem linken Gehweg der Vincenz-Statz-Straße.
  • Sie gab das Signal, als der Wagen von Schleyer um die Ecke bog.
  • Nach dem Zeichen durch Sieglinde Hofmann setzte Stefan Wisniewski einen gelben Mercedes 300 D rückwärts aus einer Einfahrt am gegenüberliegenden Fahrbahnrand auf die Fahrbahn der Vincenz-Statz-Straße.
  • Schleyers Pkw mußte abbremsen und der folgende Wagen mit den Personenschützern fuhr auf.
  • Die drei Terroristen Sieglinde Hofmann, Peter-Jürgen Boock und Willy-Peter Stoll (mit einer polnischen Maschinenpistole PM-63, Kaliber 9 mm Makarow) eröffneten von der linken Fahrbahnseite aus das Feuer auf die beiden Fahrzeuge.
  • Dabei gaben sie in ca. 90 Sekunden mindestens 119 Schüsse ab.
  • Ihre Waffen hatten sie zuvor in dem blauen Kinderwagen deponiert.
  • Schleyers Chauffeur und die drei Polizisten wurden erschossen.
  • Ihr Fluchtfahrzeug, einen weißen VW Bus hatten die Täter auf der Friedrich-Schmitt-Straße in Fahrtrichtung stadtauswärts hinter der Vincenz-Statz-Straße abgestellt.
  • Peter-Jürgen Boock fuhr diesen anschließend das kurze Stück zurück zum Tatort, wo die Terroristen Schleyer in den Bus legten.
  • Die Täter flüchteten über die Friedrich-Schmitt-Straße stadtauswärts.
  • Später stellte sich heraus , daß sie zum Wiener Weg 1b, 50858 Köln fuhren.
  • Dort wurde Schleyer in ein in der Tiefgarage abgestelltes Fahrzeug umgeladen.
  • Den VW Bus ließen die Täter in der Tiefgarage stehen.
  • Sie fuhren mit einem weiteren Fluchtfahrzeug zum Haus Zum Renngraben 8, 50374 Erftstadt.
  • Dort hielten sie Schleyer zunächst gefangen.

Im weiteren Verlauf der Entführung wurde Schleyer noch an folgenden Orten gefangengehalten:

Die Leiche von Hanns Martin Schleyer wurde nach dem Ende der Entführung in einem Audi 100 in der Rue Charles Péguy in Mülhausen gefunden.

Denis Payot

  • Die RAF schaltete den Genfer Anwalt Denis Payot als Vermittler ein.
  • Sie waren der Meinung, daß er "Generalsekretär der Internationalen Föderation für Menschenrechte" bei den Vereinten Nationen sei, was aber nicht stimmte.
  • Payot war lediglich Präsident des privaten Vereins "Schweizerische Liga für Menschenrechte".
  • Zudem wurde Denis Payot vom BKA engagiert.
  • Dadurch gab es relativ schnell eine Telefonüberwachung, bei der alle Ferngespräche aus dem Raum Köln in die Schweiz erfaßt wurden.
  • Sobald die Telefonnummer Payots gewählt wurde, blinkte eine Lampe. Anschließend wurde das Gespräch mitgehört und aufgezeichnet. Zudem wurde auch verfolgt, von wo der Anruf kam.
  • Unmittelbar im Anschluß fuhren Polizisten zum Ort des Anrufs.
  • Oftmals war die Polizei sehr nahe dran und die Entführer der RAF hatten großes Glück.
  • Ein Einsatzkommando der Polizei blieb zum Beispiel einmal im Feierabendverkehr stecken. Ein anderes Mal wurde es durch betrunkene Fußballfans von Borussia Dortmund behindert. In einem dritten Fall war die Polizei sehr schnell am Kölner Hauptbahnhof, fand dann aber nur eine leere Telefonzelle vor.
  • Die RAF-Terroristin Silke Maier-Witt erkannte die Falle, als sie eine Männerstimme sagen hörte "Da ist eine Frau", noch bevor ihr Telefonat zu Payot durchgestellt wurde. Sie sagte "Polizei hört mit, ich leg jetzt auf!" und flüchtete mit dem nächsten Schnellzug.

Fotogalerie

Stationen der Schleyer-Entführung

Anschrift Ort Land was von bis
Vincenz-Statz-Straße Köln Deutschland Schleyer-Entführung 05.09.
Wiener Weg 1b Köln Deutschland Fahrzeugwechsel 05.09.
Zum Renngraben 8 Erftstadt Deutschland Versteck 05.09. 16.09.
Stevinstraat 266 Den Haag Niederlande Versteck 16.09. 20.09.
Duivenschieting 5 Sint-Pieters-Woluwe Belgien Versteck 21.09. 18.10.
Rue Charles Péguy Mülhausen Frankreich Fundort der Leiche 19.10.

siehe auch

Links