Attentat auf Siegfried Buback

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Ort
1977 in Karlsruhe
Opfer
Siegfried Buback, Wolfgang Göbel, Georg Wurster
Bild
Attentatbuback.png
Lage
Breitengrad: 49.014363 Längengrad: 8.398088
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Detailkarte Google Maps
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OpenStreetMap
Raf2.png

Es ist immer noch ungeklärt, wer der Schütze auf dem Motorrad vom Typ Suzuki GS750 war, der am 07.04.1977 (vor 48 Jahren) auf Siegfried Buback und seine Begleiter mit einer Heckler & Koch HK 43 schoss. Verurteilt wurden hierfür die RAF-Terroristen Knut Folkerts, Brigitte Mohnhaupt (als Mittäter) und Christian Klar (als Mittäter). Auch gegen Verena Becker war wegen des Mordes ermittelt worden, doch das Verfahren stellte die Bundesanwaltschaft 1980 (vor 45 Jahren) ein. Die Waffe wurde am 03.05.1977 während der Festnahme von Günter Sonnenberg und Verena Becker in Singen aufgefunden. Aufgrund neuer, für die Angeklagte schwer belastender Erkenntnisse, wurde gegen Becker in den Jahren 2010 bis 2012 erneut prozessiert und sie wurde der Beihilfe zum Mord schuldig gesprochen. Eine erneute Haftstrafe musste sie damit nicht mehr absitzen.

Geplant war der Überfall auf Siegfried Buback seitens der RAF eigentlich bereits für Ende 1976.

Ereignisse vor dem Attentat[Bearbeiten]

Datum Ereignis
02.04.1977 Günter Sonnenberg leiht das Tatmotorrad bei Hein Gericke in Düsseldorf.
04.04.1977 Bei der Firma REIMO in Ludwigshafen am Rhein kaufen die Terroristen eine Betriebsanleitung und einen rechten Rückspiegel für die Suzuki GS 750. Der Käufer war vermutlich ebenfalls Günter Sonnenberg.
06.04.1977 Das Motorrad, vermutlich besetzt mit den späteren Tätern, wird an der Kreuzung Waldstr. / Zirkel / Hans-Thoma-Str. (350 Meter vom späteren Tatort entfernt) von Zeugen gesehen. In unmittelbarer Nähe befindet sich auch Siegfried Buback.

Fahrtstrecke[Bearbeiten]

Generalbundesanwalt Siegfried Buback wohnte im Fichtenweg 11 im Karlsruher Stadtteil Neureut. Von dort aus fuhr er am 07.04.1977 (vor 48 Jahren) (Gründonnerstag) in die Innenstadt zum Bundesgerichtshof, wo die Bundesanwaltschaft damals untergebracht war. Der blaue, ungepanzerte Mercedes fuhr von Neureut über die Linkenheimer Landstraße (heute im späteren Verlauf Willy-Brandt-Allee, auch am Ort des Attentats), auf die beampelte Kreuzung an der Ecke Moltkestraße zu. Die Täter warteten auf einem Motorrad an einer Tankstelle, die der Wagen ebenfalls passierte.

Ablauf des Attentats[Bearbeiten]

Uhrzeit Ereignis Foto
08.30 Uhr Dem Pächter einer Tankstelle (damals: Esso) an der Linkenheimer Landstraße fallen zwei Personen mit Motorradbekleidung und olivgrünen Integralhelmen auf, die ganz in der Nähe stehen und am Rücklicht ihrer blauen Suzuki schrauben. Dabei beobachten sie den Verkehr. Sie können den Wagen von Buback jedoch nicht ausmachen, weil dieser aufgrund von Startproblemen noch gar nicht losgefahren ist.
Siegfried Buback fährt an seinem Wohnhaus mit dem Pkw los. Wohnhausbuback.jpg
Die Attentäter fahren die Linkenheimer Landstraße stadteinwärts. 100 m vor der Moltkestraße halten sie auf dem Parkplatz der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder direkt hinter der dortigen Aral-Tankstelle.
09.05 Uhr Der Pkw biegt in die Linkenheimer Landstraße ein.
Der Pkw passiert die Tankstelle kurz vor der Moltkestraße. Attentatbuback3.jpg
09.10 Uhr Der Pkw hält an der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage an der Einmündung zur Moltkestraße an. Am Steuer sitzt Wolfgang Göbel, der an diesem Tag als Urlaubsvertretung den Generalbundesanwalt fährt. Siegfried Buback sitzt auf dem Beifahrersitz, hinter ihm der Justizbeamte Georg Wurster, der Leiter der Fahrbereitschaft. Attentatbuback2.jpg
Auf der Rechtsabbiegerspur hält ein blaues Motorrad neben dem Pkw von Siegfried Buback. Das Motorrad wurde erst später von neuen Besitzern rot umlackiert. Motorradattentatbuback.png
Als die Ampel auf grün umspringt und der Pkw mit Buback anfährt, feuert der Sozius des Motorrades mit einem Sturmgewehr mindestens zwanzig Schüsse durch die Fenster und Seitentüren des Pkw.
Siegfried Buback ist durch Kugeln und Splitter in Bauch und Rücken getroffen und am Schlüsselbein und an der linken Hand verletzt.
Wolfgang Göbel, der Fahrer, lässt sich aus dem rollenden Pkw fallen und bleibt mitten auf der Kreuzung liegen. Attentatbuback4.jpg
Das Motorrad fährt neben dem rollenden Pkw her und beschleunigt dann in Richtung Süden.
Der Pkw fährt vor einen Begrenzungspfosten und bleibt dort stehen. Attentatbuback6.jpg
Passanten holen Siegfried Buback aus dem Pkw und legen ihn auf den Rasen, wo er letzten Endes stirbt.
09.17 Uhr Die Polizei löst eine "Ringalarmfahndung" aus.
Der von zwei Schüssen getroffene 33jährige Georg Wurster wird von Sanitätern behandelt und abtransportiert. Er stirbt sechs Tage später in der Nacht zum 13.04.1977, an dem Tag, an dem die Begräbnisse von Siegfried Buback und Wolfgang Göbel stattfinden. Sein Sarg wird auf der großen Trauerfeier deshalb mit aufgebahrt. Im Bekennerschreiben der RAF bezeichnet das "Kommando Ulrike Meinhof" den Mord an Buback als "Hinrichtung". Buback sei für den Tod von Ulrike Meinhof, Siegfried Hausner und Holger Meins verantwortlich gewesen.
Ein Auslieferungsfahrer einer Bäckerei sieht eine Person, welche jedoch von ihm nicht beschrieben werden konnte, am Steuer eines Alfa Romeo Giulia Super auf einem Parkplatz in unmittelbarer Nähe zum späteren Fundort des Motorrades. Den gleichen Pkw hatte er die beiden Tage zuvor an der gleichen Stelle gesehen.
Die Attentäter fliehen mit dem Motorrad vom Tatort zur Autobahnbrücke Wolfartsweier bei Karlsruhe. Auf dem Weg dorthin überqueren sie die Wasserwerkbrücke (Lage), die sie über die ausgedehnten Gleisanlagen bringt[1]. Schon vor der Ermordung Bubacks wurde bei der Verhaftung der Terroristen Siegfried Haag und Roland Mayer im Jahr 1976 Papiere gefunden, die die Tatplanung in verschlüsselter Form beschreiben. Der in diesen "Haag/Mayer-Papieren" benutzte Begriff "BÜAW" konnte von den Behörden im Nachgang mutmaßlich als "Bahnübergang am Wasserwerk" entschlüsselt werden. Attentatbuback16 bahnuebergang am wasserwerk.jpg
Im weiteren Verlauf fahren sie durch den Oberwald, auf befestigten, weitgehend asphaltierten Wegen. Am Ende des Waldes, kurz vor Wolfartsweier, durchqueren sie mutmaßlich eine Untertunnelung unter der Autobahn A5. (Lage)[1]. Attentatbuback 17 tunnel nach wolfartsweier.jpg
Die Attentäter verstecken das Motorrad in einem Brückenpfeiler der Autobahnbrücke Wolfartsweier bei Karlsruhe, wo sie dann in ein Fluchtauto (Alfa Romeo) steigen, das von einem weiteren Terroristen gefahren wird. Mit diesem Pkw passieren die Terroristen eine durch die Polizei eingerichtete Kontrollstelle bei Remchingen. Der Wagen wiederum wird später in Sachsenheim im Kreis Ludwigsburg gefunden. Attentatbuback gesamtueberblick Suzuki Fundort.jpg
09.51 Uhr Der Alfa Romeo mit dem Kennzeichen GER-AM 25 fährt an einer Kreuzung zwischen Stein und Bauschlott bei Nussbaum an einem Ringpunkt der Polizei (Lage) vorbei. Die Polizisten notieren, dass sich im Pkw drei Insassen befinden.
10.39 Uhr Das BKA löst eine "Alarmfahndung" im gesamten Bundesgebiet aus.
10.45 Uhr Spurensicherungsspezialisten des BKA fliegen mit dem Hubschrauber von Bonn und Wiesbaden nach Karlsruhe.
12.57 Uhr Die Leichen von Siegfried Buback und Wolfgang Göbel werden in Zinksärge gelegt und abtransportiert.
12.58 Uhr Die Ehefrau von Siegfried Buback erscheint am Tatort. Die Todesnachricht wurde ihr zuvor zu Hause überbracht. Als Polizisten Frau Buback aufhalten wollen, schreit sie "Ich muss weiter, da liegt doch mein toter Mann!"

Besonderheiten bei Georg Wurster[Bearbeiten]

Georg Wurster saß rein zufällig im Pkw. Er war am Morgen zu Buback mitgefahren, weil dessen Privat-Pkw nicht ansprang. Wurster wollte sich das anschauen und eventuell beheben. Anschließend nahm Buback ihn wieder mit zur Bundesanwaltschaft. Zudem sollte Wurster in der Woche des Attentats eigentlich bereits in Kur sein. Er überlebte die ersten Tage des Attentats, war ansprechbar und kreislaufstabil und starb nach kurzzeitiger Besserung fünf Tage nach dem Anschlag am 12.05.1977[2].

Fluchtrichtung der Täter nach dem Attentat auf Siegfried Buback[Bearbeiten]

Tatort → Wasserwerkbrücke ("Bahnübergang am Wasserwerk") → Oberwald → Tunneldurchfahrt beim Autobahndreieck Karlsruhe → Autobahnbrücke in Wolfartsweier (Versteck des Motorrades) → Remchingen (Kontrollstelle der Polizei) → L611 zwischen Stein und Bauschlott (Kontrollstelle der Polizei; Lage) → Sachsenheim (Abstellort des Fluchtwagens)

Fluchtrichtungbuback.png

Am Fundort des Motorrades gibt es keine Autobahnauffahrt, sondern lediglich eine Notauffahrt in westliche Richtung. Da die entsprechende Autobahn wieder grob in Richtung Tatort verläuft, ist nicht davon auszugehen, dass die Täter auf die Autobahn gefahren sind (in der Grafik lila dargestellt). Sie können südlich des Abstellortes entlang der Autobahn gefahren sein (in der Grafik grün dargestellt), müssten dann jedoch bei Stupferich (in der Grafik blau dargestellt) oder spätestens bei Darmsbach (in der Grafik orange dargestellt) über die Brücke gefahren sein, weil sie anschließend in Remchingen an einer Kontrollstelle der Polizei vorbeigefahren sind. Die zweite Variante ist die, dass die Täter durch Wolfartsweier in nördliche Richtung geflüchtet sind und sich dann östlich orientiert haben (in der Grafik gelb dargestellt). Klar dürfte lediglich das letzte Teilstück sein, auf dem die Täter dann durch die Kontrollstelle der Polizei zwischen Stein und Bauschlott gefahren sind (in der Grafik rot dargestellt).

Da sich Sachsenheim ca. 30 km östlich der Kontrollstelle vor Bauschlott befindet, ist davon auszugehen, dass die Täter an Bauschlott vorbeigefahren sind.

Einigen Berichten zufolge halten sich die Täter im Anschluss in einer konspirativen Wohnung der RAF in Mannheim auf.

spätere Ereignisse[Bearbeiten]

Im Zuge der anschließenden Ermittlungen wurde bekannt, dass Knut Folkerts mit dem Alfa Romeo am 06.04.1977, also einen Tag vor dem Attentat, bei der Winzergenossenschaft in Mundelsheim (Anschrift: Heinrich-Maulick-Straße 24, 74395 Mundelsheim, Lage) war und dort zusammen mit Günter Sonnenberg zwölf Flaschen Wein kaufte.

Bei der Festnahme von Günter Sonnenberg und Verena Becker am 03.05.1977 in Singen hatten beide in einem Rucksack die Tatwaffe des Attentats auf Siegfried Buback und einen Schraubenzieher aus dem Werkzeugzubehör der blauen Suzuki dabei.

Aussage Peter-Jürgen Boock (RAF)[Bearbeiten]

Das Motorrad kam laut Aussage des ehemaligen RAF-Terroristen Peter-Jürgen Boock aus Köln, so dass ein Mitglied einer Kölner RAF-Gruppe das Motorrad nach Karlsruhe fahren musste. Seiner Aussage nach war Günter Sonnenberg in der Lage, ein Motorrad zu fahren. In dem nach der Tat aufgefundenen Motorradhelm wurden Haare gefunden, die Verena Becker gehörten. Sie war von der militärischen Ausbildung in der Lage, das Motorrad während der Tat zu fahren, was Boock jedoch eigentlich ausschloss. Ausschließen kann er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass der RAF-Terrorist Christian Klar an dem Attentat auf Siegfried Buback direkt beteiligt war, weil er zu dem Zeitpunkt nicht ausreichend ausgebildet war.

Fotogalerie[Bearbeiten]

Videos[Bearbeiten]

siehe auch[Bearbeiten]

Links[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 Michael Buback: "Schlussplädoyer: Schlussvortrag von Michael Buback in der Hauptverhandlung gegen die Heilpraktikerin Verena Christiane Becker"
  2. Michael und Elisabeth Buback: "Der General muss weg!": Siegfried Buback, die RAF und der Staat. Hamburg : Osburg Verlag, 2020 (1. Auflage), ISBN 978-3-95510-211-1, S. 72.