Schleyer-Entführung: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 16. April 2017, 11:11 Uhr

Ort
1977 in Köln
Opfer
Hanns Martin Schleyer, Heinz Marcisz, Reinhold Brändle, Helmut Ulmer und Roland Pieler
Bild
Vincenz-statz-str.jpg
Lage
Breitengrad: 50.934675 Längengrad: 6.889568
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OpenStreetMap
Raf2.png

Vorgeschichte

  • Im Welt-Wirtschafts-Archiv in Hamburg schaut Willy Peter Stoll am 26.04.1977 in eine Akte mit Presseartikeln über Hanns Martin Schleyer. Dabei gibt er an, "Fehr" zu heißen.
  • Kauf und Diebstahl von fünf Autos durch die RAF (Stoll kauft einen weißen VW Bus und einen grauen Mercedes 230, Knut Folkerts in München einen weiteren VW Bus. Ein Alfa Romeo und ein gelber Mercedes 300 D werden durch weitere Aktivisten "besorgt".)
  • Anmieten von vier Wohnungen durch die RAF
  • Präparieren der Fahrzeuge: Ausbau der Sitzbank aus dem weißen VW Bus, Schneiden eines Lochs in die Rückwand zum Kofferraum des grauen Mercedes)

02.09.1977

Lage in Köln
Stadtteil: {{{stadtteil}}} [[Kategorie:Köln-{{{stadtteil}}}]]
Breitengrad: 50.904067 Längengrad: 6.949246
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  • Uwe Gartiser beobachtete am 02.09.1977 (vor 47 Jahren), einem Freitag, von seiner Wohnung am Raderthalgürtel aus einen ganz in der Nähe neben einer Telefonzelle parkenden Alfa Romeo.
  • Der gleiche Wagen fiel ihm bereits einen Tag vorher auf, weil er an der gleichen Stelle stand.
  • Gartiser sah drei junge Frauen, die sich in der Nähe des Autos befanden oder im Auto saßen und den Verkehr beobachteten. Eine Frau hantierte mit einem Schraubenzieher am Auto.
  • Zwei der Frauen standen später auf den Fahndungslisten. Es handelte sich um Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz.
  • Die Route von der Arbeitgeberzentrale am Oberländer Ufer zur Dienstwohnung in Braunsfeld führt über den Raderthalgürtel.
  • Gartiser rief um 17.32 Uhr den Polizeinotruf an und fragte, wer für Terrorismusbekämpfung zuständig sei.
  • Die Kölner Polizeileitstelle schickte den Streifenwagen "Arnold 12/20" zum Einsatzort und gab über Funk folgendes an die eingesetzten Kollegen weiter: "Verdächtige Personen am Kfz, Raderthalgürtel, gegenüber Schwimmbad"
  • Der Polizeibeamte in der Leitstelle notierte auf einem Vordruck "Verd. Kfz K-XY 847 ... Raderthalgürtel 5 ... Insassen 3 weibl. Personen"
  • Als die Polizisten am Einsatzort ankamen, verlangten sie Führerschein, Fahrzeugschein und die Personalausweise.
  • Die anschließende Fahndungsabfrage des Kennzeichens verlief negativ. Da es sich um ein sog. "Dublettenfahrzeug" handelte, war dieses Ergebnis logisch, denn das Nummernschild eines tatsächlich vorhandenen Fahrzeugs wurde kopiert und an einem baugleichen Fahrzeug mit gleichem Aussehen angebracht.
  • Bei einer Überprüfung der Fahrgestellnummer des Alfa Romeo mit der im Fahrzeugschein eingetragenen Fahrgestellnummer hätten die Polizisten das "Dublettenfahrzeug" enttarnt.
  • Im Anschluß folgte doe Fahndungsabfrage der Personalien der drei Frauen. Und genau dabei kam es zu einem Systemfehler oder -absturz, so daß es kein Ergebnis gab.
  • Der Heizungsschlauch am Alfa Romeo leckte, was vermutlich ein vorgetäuschter Defekt war, um den längeren Zeitraum zu erklären, den das Fahrzeug am Einsatzort stand.
  • Die Polizisten schauten sich den Defekt an, als ein Mercedes zum Einsatzort kam.
  • Dessen Insassen interessierten sich augenscheinlich ebenfalls für den Alfa Romeo.
  • Einer der Insassen des Mercedes stieg aus und kam zu den Polizisten und den Frauen.
  • Im folgenden Gespräch erfuhr er, daß die Polizisten die Frauen zu einer nahen Werkstatt lotsen wollten.
  • Der Mercedes fuhr in einigem Abstand hinter den beiden Fahrzeugen bis auf das Gelände der Werkstatt.
  • Dort wurde der Heizungsschlauch von einem Mechaniker repariert. Die Polizisten waren während der Reparatur dabei.
  • Im Mercedes saßen zu dieser Zeit übrigens die RAF-Terroristen Stefan Wisniewski, Peter-Jürgen Boock ("Unsere Maschinenpistolen waren schußbereit, mein Puls raste."), Rolf Heißler und Rolf Clemens Wagner.
  • Wenige Stunden später trafen sich die Mitglieder der RAF in einer konspirativen Wohnung am Wiener Weg 1b, 50858 Köln.
  • Der Alfa Romeo wurde Wochen später wurde in Frankfurt am Main in der Nähe einer konspirativen RAF-Wohnung gefunden.
  • Bei einer Untersuchung durch das BKA wurden die Fingerabdrücke von Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz gefunden.

05.09.1977

  • Rolf Heißler und Silke Meier-Witt fuhren zum Raderthalgürtel 5 und parkten dort mit ihrem Auto.
  • Angelika Speitel und Adelheid Schulz stellten sich direkt vor das BDA-Gebäude, in dem Hanns Martin Schleyer sein Büro hatte.
  • Boock, Hofmann, Stoll und Wisniewski fuhren mit dem weißen VW Bus und dem gelben Mercedes zur Aachener Straße, unweit des Wohnortes von Schleyer, und setzten sich in ein Café.
  • Abholung von Hanns Martin Schleyer von seinem Fahrer Heinz Marcisz (41) in einem dunklen Mercedes 450 SEL um ca. 17.10 Uhr von der Arbeitgeberzentrale am Oberländer Ufer in Köln
  • Fahrtziel: Schleyers Dienstwohnung in der Raschdorffstraße 10 in Köln-Braunsfeld
  • In einem hellen Mercedes 280 E folgen die bewaffneten Polizisten Reinhold Brändle (Fahrer, 41), Helmut Ulmer (Beifahrer, 24) und Roland Pieler (im Fond, 20).
  • Telefonkette des RAF-Kommandos Siegfried Hausner, um das Erscheinen Schleyers an die vier im Hinterhalt wartenden Terroristen zu melden: Speitel und Schulz riefen im Café an und teilten den dort wartenden Terroristen das Codewort "Mendocino" mit.
  • Wisniewski und Stoll fuhren im Mercedes zur Vincenz-Statz-Straße und Boock und Hoffman im weißen VW Bus zur Friedrich-Schmidt-Straße.
  • Stefan Wisniewski war als Anführer der Schleyer-Entführung vorgesehen.
  • Auf die Polizisten waren Peter-Jürgen Boock und Sieglinde Hofmann angesetzt, Willy-Peter Stoll sollte Schleyers Fahrer ausschalten und Stefan Wisniewski Hanns Martin Schleyer überwältigen.

Verlauf der Tat

Uhrzeit Ort der Entführung Wiener Weg 1b, 50858 Köln Zum Renngraben 8, 50374 Erftstadt sonstiges
17.28 Uhr
  • Der Pkw mit Hans Martin Schleyer bog um ca. 17.28 Uhr von der Friedrich-Schmidt-Straße nach rechts auf die Vincenz-Statz-Straße ab.
  • Sieglinde Hofmann ging mit einem blauen Kinderwagen nach Norden auf dem linken Gehweg der Vincenz-Statz-Straße.
  • Sie gab das Signal, als der Wagen von Schleyer um die Ecke bog.
  • Nach dem Zeichen durch Sieglinde Hofmann setzte Stefan Wisniewski einen gelben Mercedes 300 D rückwärts aus einer Einfahrt am gegenüberliegenden Fahrbahnrand auf die Fahrbahn der Vincenz-Statz-Straße.
  • Schleyers Pkw mußte abbremsen und der folgende Wagen mit den Personenschützern fuhr auf.
  • Die drei Terroristen Sieglinde Hofmann, Peter-Jürgen Boock und Willy-Peter Stoll (mit einer polnischen Maschinenpistole PM-63, Kaliber 9 mm Makarow) eröffneten von der linken Fahrbahnseite aus das Feuer auf die beiden Fahrzeuge.
  • Dabei gaben sie in ca. 90 Sekunden mindestens 119 Schüsse ab.
  • Ihre Waffen hatten sie zuvor in dem blauen Kinderwagen deponiert.
  • Schleyers Chauffeur und die drei Polizisten wurden erschossen.
  • Polizeihauptmeister Reinhold Brändle hatte 60 Einschüsse, Polizeimeister Roland Pieler 21 (davon drei tödliche), Polizeimeister Helmut Ulmer 26 (davon zwei tödliche Kopfschüsse).
  • Ihr Fluchtfahrzeug, einen weißen VW Bus hatten die Täter auf der Friedrich-Schmidt-Straße in Fahrtrichtung stadtauswärts hinter der Vincenz-Statz-Straße abgestellt.
  • Peter-Jürgen Boock fuhr diesen anschließend das kurze Stück zurück zum Tatort, wo die Terroristen Schleyer in den Bus legten.
  • Die ausgebildete Arzthelferin Sieglinde Hofmann gab Schleyer durch seine Jacke hindurch eine Spritze mit einem apathisch machenden Medikament.
  • Die Täter flüchteten über die Friedrich-Schmidt-Straße stadtauswärts.
17.35 Uhr
  • Die ersten Polizisten trafen am Tatort ein.
  • Am Tatort wurde ein Colt gefunden, den wahrscheinlich Stefan Wisniewski während der Tat verlor. Im weiteren Verlauf wurde dieser Colt identifiziert als Teil der Beute eines Überfalls auf ein Waffengeschäft in Frankfurt am Main. Dort waren Willy-Peter Stoll und Knut Folkerts tatverdächtig, was einen ersten Hinweis auf die Täter der Schleyer-Entführung lieferte.
17.40 Uhr
  • Das Fluchtfahrzeug wurde von mehreren Autofahrern verfolgt, die ihn jedoch um ca. 17.40 Uhr im Feierabendverkehr aus den Augen verloren.
  • Später stellte sich heraus , daß sie zum Wiener Weg 1b, 50858 Köln fuhren.
  • Dort wurde Schleyer in den in der Tiefgarage abgestellten grauen Mercedes umgeladen.
  • Den VW Bus ließen die Täter in der Tiefgarage stehen.
18.30 Uhr
  • Die Täter erreichten das Haus Zum Renngraben 8, 50374 Erftstadt.
  • Boock, Hofmann und Stoll gingen in die Wohnung, während Wisniewski mit Schleyer im Kofferraum blieb.
19.23 Uhr
  • Um 19.23 Uhr wurden in der "heute"-Sendung der weiße VW Bus und dessen Kennzeichen erwähnt.
19.45 Uhr
  • Der Hausmeister rief bei der Polizei an und teilte mit, daß der gesuchte VW Bus in der Tiefgarage stand.
19.47 Uhr
  • Die ersten Polizisten trafen ein.
19.55 Uhr
  • Die Wohnung 2065 wurde um 19.55 Uhr von der Polizei gestürmt: Die Räume waren jedoch leer.
21.40 Uhr
  • Im VW Bus wurde ein Zettel gefunden, auf dem sich die RAF zur Tat bekannte.
zwischen 02.00 Uhr und 03.00 Uhr
  • Schleyer wurde aus dem Kofferraum des Mercedes gezerrt und in die Wohnung gebracht.
  • Willy Peter Stoll verschwand aus der Wohnung und versteckte sich woanders, weil er völlig fertig war.
  • Brigitte Mohnhaupt tauchte in der Wohnung auf.

Im weiteren Verlauf der Entführung wurde Schleyer noch an folgenden Orten gefangengehalten:

Die Leiche von Hanns Martin Schleyer wurde nach dem Ende der Entführung in einem Audi 100 mit Bad Homburger Kennzeichen, den Christian Klar am 14.10.1977 (vor 47 Jahren) als "Hans-Georg Schmied" in der Nähe von Bad Homburg gekauft hatte (Andere Quellen sprechen davon, daß Klar den Wagen am Nachmittag des 15.10. in Neu-Anspach bei Frankfurt am Main für die weitere Durchführung der Schleyer-Entführung gekauft hatte.), in der Rue Charles Péguy in Mülhausen gefunden. Rolf Heißler und Stefan Wisniewski sollen die letzten beiden RAF-Terroristen gewesen sein, die mit Schleyer zusammen waren, so daß einer von ihnen der Mörder gewesen sein soll.

Denis Payot

  • Die RAF schaltete den Genfer Anwalt Denis Payot als Vermittler ein.
  • Sie waren der Meinung, daß er "Generalsekretär der Internationalen Föderation für Menschenrechte" bei den Vereinten Nationen sei, was aber nicht stimmte.
  • Payot war lediglich Präsident des privaten Vereins "Schweizerische Liga für Menschenrechte".
  • Zudem wurde Denis Payot vom BKA engagiert.
  • Dadurch gab es relativ schnell eine Telefonüberwachung, bei der alle Ferngespräche aus dem Raum Köln in die Schweiz erfaßt wurden.
  • Sobald die Telefonnummer Payots gewählt wurde, blinkte eine Lampe. Anschließend wurde das Gespräch mitgehört und aufgezeichnet. Zudem wurde auch verfolgt, von wo der Anruf kam.
  • Unmittelbar im Anschluß fuhren Polizisten zum Ort des Anrufs.
  • Oftmals war die Polizei sehr nahe dran und die Entführer der RAF hatten großes Glück.
  • Ein Einsatzkommando der Polizei blieb zum Beispiel einmal im Feierabendverkehr stecken. Ein anderes Mal wurde es durch betrunkene Fußballfans von Borussia Dortmund behindert. In einem dritten Fall war die Polizei sehr schnell am Kölner Hauptbahnhof, fand dann aber nur eine leere Telefonzelle vor.
  • Die RAF-Terroristin Silke Maier-Witt erkannte die Falle, als sie eine Männerstimme sagen hörte "Da ist eine Frau", noch bevor ihr Telefonat zu Payot durchgestellt wurde. Sie sagte "Polizei hört mit, ich leg jetzt auf!" und flüchtete mit dem nächsten Schnellzug.

Fotogalerie

Stationen der Schleyer-Entführung

Anschrift Ort Land was von bis
Vincenz-Statz-Straße Köln Deutschland Schleyer-Entführung 05.09.
Wiener Weg 1b Köln Deutschland Fahrzeugwechsel 05.09.
Zum Renngraben 8 Erftstadt Deutschland Versteck 05.09. 16.09.
Stevinstraat 266 Den Haag Niederlande Versteck 16.09. 20.09.
Duivenschieting 5 Sint-Pieters-Woluwe Belgien Versteck 21.09. 18.10.
Rue Charles Péguy Mülhausen Frankreich Fundort der Leiche 19.10.

siehe auch

Links